Eine geschiedene Frau mit vier Kindern erzählte mir einmal, wie schwierig es oft sei, immer allein für die Kinder verantwortlich zu sein und all die vielen kleinen täglichen Entscheidungen, die das gewöhnliche Leben fordere, allein zu treffen. Für die grossen Entscheide könne sie jemanden beiziehen, das Für und das Wider ausgiebig besprechen und abwägen, aber die kleinen Alltäglichkeiten zu regeln, das liege alles bei ihr allein. Schwierig sei es auch, wenn sich ein Kind schlecht benommen habe, und sie richtig wütend darüber sei. Wäre da ein Vater, könnte sie sich richtig über das Kind beklagen ohne in den Verdacht zu geraten, sie liebe das Kind nicht. Sie könnte seine Nachteile aufzählen, und der Vater würde sie verstehen, weil auch er vorbehaltlos zum Kind stehe. So aber sei sie allein. Sie könne doch nicht zur Nachbarin gehen und über das eigene Kind schimpfen.
„Geteilte Freude – doppelte Freude, geteiltes Leid – halbes Leid“, mit diesem Sprichwort erlebe sie täglich den Mangel, an dem sie leide.
Wie konnte es nur dazu kommen, dass wir in der Schweiz so viele Alleinerziehende haben, Mütter, die gewollt oder ungewollt ihre Kinder allein erziehen wollen oder müssen? Vor etwa 30 Jahren hat man begonnen, das Leben der Alleinerziehenden zu verherrlichen, deren Freiheit und Unabhängigkeit zu verklären. Man hat staatliche Hilfestellungen geschaffen, Steuererleichterungen, Krippebeiträge und vieles mehr und den Müttern vorgegaukelt, Väter seien überflüssig, ein unnötiges Anhängsel, oder gar eine nutzlose Belastung. Allein ginge alles besser, der Staat helfe ja. Wie so oft hat man sich von einer weltfremden Theorie leiten lassen und die möglichen Folgen vergessen. Heute beklagen sich viele Frauen bitter über ihr Schicksal. Oft waren diese Frauen in ihren Ehen unglücklich und glaubten, eine Scheidung werde ein glücklicheres Leben bringen. Sie dachten nicht an die neuen Unannehmlichkeiten, an die neue grosse Aufgabe, die auf sie wartete.
Vielleicht wäre es an der Zeit, die Probleme der Alleinerziehenden aufzudecken und Eltern zu warnen, dass Scheidungen keine Allheilmittel sind, vor allem nicht für die Kinder und für den Elternteil, der die Kinder aufziehen muss. Der dumme Spruch, eine Scheidung sei für die Kinder besser als die ewigen Auseinandersetzungen der Eltern, stammt jedenfalls sicher nicht von betroffenen Kindern und auch nicht von betroffenen ehrlichen Alleinerziehenden.
Es wäre hilfreich, wenn die heutige Gesellschaft dazu stehen könnte, dass das menschliche Zusammenleben an sich schwierig ist und dass eine nicht geringe Forderung des Lebens daraus besteht, sich darin zu bewähren.